«Faszinierend sind weniger einzelne Aufgaben als das grosse Ganze, das darin besteht, insgesamt so auf den Betrieb der KME einzuwirken, dass diese für alle Beteiligten ein erfolgreiches Arbeits- und Lernumfeld darstellt. »

Fragen an den neuen Prorektor

Interview mit Urs Allenspach

Seit gut einem Jahr ist Urs Allenspach als neuer Prorektor der KME im Amt. Der promovierte Philosoph und Mathematiker hat im Februar 2020 offiziell die Nachfolge von André Dinter übernommen, wurde aber bereits im Sommer 2019 in sein neues Amt eingeführt, weil der scheidende Prorektor die Projektleitung «Bildung im digitalen Wandel» beim Kanton Zürich übernommen hatte. Zeit für eine Zwischenbilanz. Die Fragen stellte Andreas Villiger.

Wenn ich frühmorgens das Schulhaus von der Mühlebachstrasse her betrete, hat es in deinem Büro jeweils schon Licht. Bist du ein Frühaufsteher?

URS ALLENSPACH: Tendenziell ja. Ich funktioniere je früher, desto besser.

Welche deiner neuen Aufgaben erlebst du als besonders faszinierend?

URS ALLENSPACH: Faszinierend sind weniger einzelne Aufgaben als das grosse Ganze, das darin besteht, insgesamt so auf den Betrieb der KME einzuwirken, dass diese für alle Beteiligten ein erfolgreiches Arbeits- und Lernumfeld darstellt.

An einer Schule greifen viele Prozesse mit zahlreichen Akteurinnen und Akteuren ineinander. Als Schulleiter bin ich bestrebt, die Schule so einzurichten, dass die Akteure diese Prozesse auf hohem Niveau und mit grosser Freude gestalten können.

Du unterrichtest nach wie vor rund 10 Lektionen Mathematik, bist aber inzwischen mit vielen neuen Verwaltungs- und Führungsaufgaben betraut. Verlief der Übergang vom Klassenzimmer ins Schulleitungsbüro reibungslos?

URS ALLENSPACH: Ich hatte das Vergnügen, rund ein Jahr mit André Dinter das Büro teilen zu dürfen. Dabei bekam ich einen Einblick in seine Aufgaben. Privilegierter kann man kaum in eine Stelle einsteigen.

Gab es Überraschungen?

URS ALLENSPACH: Keine wesentlichen. Ich hatte mir die Aufgabe einigermassen realistisch ausgemalt.

Die Massnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie betreffen auch die Mittelschulen stark. Nimmt die Umsetzung dieser Massnahmen aktuell viel Zeit in Anspruch?

URS ALLENSPACH: Der Aufwand war im vergangenen Frühling und Sommer am grössten, als alle Überlegungen in Bezug auf die Pandemie neu waren. Mittlerweile haben wir alle an der KME erhebliches Know-how erworben, auf das wir uns abstützen können – sei es was die politischen Abläufe betrifft, die Schulorganisation oder das Unterrichten selbst. Diese Erfahrung erleichtert die Angelegenheit.

«Zu Vergleichszwecken ist es ganz günstig, den Betrieb einiger anderer Gymnasien kennengelernt zu haben.»

Du hast an verschiedenen Gymnasien unterrichtet, warst an der ETH tätig und in der Privatwirtschaft angestellt, du hast Abschlüsse in Wirtschaft, Mathematik und Philosophie. Welche dieser Erfahrungen hilft dir in deiner neuen Tätigkeit am meisten?

URS ALLENSPACH: Einzelne Erfahrungen herauszustreichen, ist schwierig. Klar hilft die Wirtschaftsausbildung bei der Führung des Finanzdossiers der KME, aber sie ist nicht matchentscheidend. Als Schulleiter steht man vor der Herausforderung, dass die vielen scheinbar kleinen Entscheide, die man stündlich trifft, über die Zeit ein homogenes Ganzes darstellen sollen, das eine gewisse Handschrift erkennen lässt. Ich bilde mir ein, dass mir die interdisziplinäre Ausbildung in Entscheidungstheorie dabei hilft, Probleme zu strukturieren und zu verstehen und in der Folge Entscheide zu treffen, die in sich konsistent und begründbar sind. Zu Vergleichszwecken ist es ganz günstig, den Betrieb einiger anderer Gymnasien kennengelernt zu haben.

Die KME ist eben 50 Jahr alt geworden. Sie hat in dieser Zeit viele Wandlungen durchgemacht und sich mehrmals neu erfunden. Welche neuen Herausforderungen stehen der Schule in naher Zukunft bevor?

URS ALLENSPACH: Die grösste absehbare Herausforderung ist der geplante Umzug der KME in die Militärkaserne. Dieser Umzug wird der Schule erhebliche Publizität bescheren, eine Publizität, die sie nur konstruktiv nutzen kann, wenn sie vorher in einen Strategieprozess eintritt. Wir alle, die wir an der KME tätig sind, dürfen oder müssen uns überlegen, zu welcher Schule wir sie im Kasernenareal weiterentwickeln wollen: Führungsverständnis und Kommunikationsformen, Technik, didaktisches Selbstbild und Lehrplan – alles sollte aufs Tapet kommen.

Lieber Urs, vielen Dank für dieses Gespräch.

Interview: Andreas Villiger
Bilder: Roberto Huber